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„Die Kraft der Kälte“ Teil 2

2
Feb

„Die Kraft der Kälte“ Teil 2

In Teil 1 wurde erläutert warum es hilfreich und lohnend sein kann wieder vermehrt mit der Kraft der Kälte zu arbeiten oder zu experimentieren. Obwohl vielen schon das kurze kalte Duschen am Ende der warmen bis heißen Dusche bekannt ist oder der Kälteguss nach einem heißen Saunagang, ist die hier vorgestellte Systematik der täglichen Kalt- Wasser-Therapie (eine Art der Hydrotherapie bzw. Kneipptherapie,Lit.1) eine Herausforderung.
Der Holländer Wim Hof hat mit seinem Enthusiasmus und unter medizinischer Betreuung und Analyse diese Kältekraft wieder populär und sehr bekannt gemacht. Fußballer oder Tennisspieler steigen nicht selten nach einem erschöpfenden Match in die „Eis -Bütt“, wohlwissend damit besser zu regenerieren. Das Wim Hof bis 90 Minuten im Eisbad überleben kann bzw. sogar noch mit einer Stärkung seines Immunstem reagiert bedarf einer Erklärung, auf alle Fälle ist es so nicht zum Nachahmen geeignet. Dazu bedurfte es einer sehr langen Vorbereitung und einem besonderen Wissen, dem bewussten Atmen und seine körperlichen Auswirkungen.
Hierzu hat er in seinen Kursen und Publikationen (Lit.2), auch in einer praktischen App, ausführlich Stellung bezogen. Für unser Ziel mit der Kraft der Kälte besser durch den Tag zu kommen, möchte ich zuerst zur Bedeutung von bewusstem Atem kommen. Um überhaupt mal wieder ein „Date“ mit dem eigenen Leben, seinem Geist und Körper zu haben ist der Atem sicher das naheliegende Mittel. Da wir überwiegend mit anderen Aufgaben durchs Leben rasen, was übrigens nur dank dem „Automatik-Atmen klappt“, ist es für die Begegnung mit der Kälte notwendig, den Atem mit Bewusstsein zu verbinden.
Wenn Sie Yoga, Qi-Gong, Pilates oder Kampfsport machen, oder in der Gymnastikstunde der Atem angesprochen wird, kennen Sie bereits den Atem Raum, der den Körper vom Unterbauch bis zum Hals ausfüllt.  In der Regel geben wir uns mit einem kaum zu bemerkenden Atmen in die Brust zufrieden. Frei nach dem Motto „Ich atme also bin Ich“. Vor dem Experiment mit der Kälte, ist es wichtig, das Atmen erneut kennen zu lernen (siehe unten Der volle Atem).
Unser Nerven-und Immunsystem reagiert sensibel auf die Art wie wir Atmen, für unser Ziel, der Kälte gelassener zu begegnen, sei an dieser Stelle so viel gesagt, atme ohne zu viel Anspannung tief ein und aus, halte den Atem nicht an wenn das kalte Wasser auf den Körper trifft, und führe den Duschkopf entlang der Akupunkturbahnen, denn die Lebensenergie QI im Akupunktursystem genannt Prana im Ayurveda und Yoga steht ebenfalls unter der Aufsicht des Atems.
„Der volle Atem“ Ziel: Öffnen der Atemräume, Entspannen und Stärken, führen der Aufmerksamkeit nach Innen.
Wenn die Atemwege frei sind wird durch die Nase Ein- und Ausgeatmet. Der Atemvorgang sollte nicht unter Druck und Spannung erfolgen, kein Leistungsdenken oder Vergleichen sollte den harmonischen Fluss der Atmung erschweren. Nehmen Sie eine Ihnen angenehme Haltung ein die Würde verkörpert. Sie können dabei sitzen, auf einem Stuhl oder einem Kissen auf dem Boden, liegen oder auch stehen, sogar beim langsamen Gehen ist es möglich. Achten Sie darauf, dass Ihre Kleidung Sie nicht einengt und Ihre Wirbelsäule so gut es für Sie geht aufgerichtet ist. Reinigen Sie noch mal die Nase, pflanzliche Nasentropfen oder eine Nasenspülung mit Solelösung könne hilfreich sein.
Um uns mit den Atemräumen langsam vertraut zu machen, legen Sie zunächst Ihre Hände auf den Bauch, etwa auf Nabelhöhe oder leicht darunter, so dass sich die Fingerspitzen berühren.
1.Beim nun folgenden Einatmen achten Sie darauf das sich ihre Bauchdecken zuerst heben was sich durch Ihre Hände erspüren lässt. Hat sich der „Bauch“ (d.h. die untere Lunge / unterer Atem Raum) gefüllt folgt die Brust. Dann atmen Sie wieder aus, in umgekehrter Reihenfolge, zuerst leert sich die Brust und zum Schluss der Bauch. Ihr gewölbter Bauch zieht sich also zum Schluss etwas nach innen, Ihre Hände begleiten diese „Nach Innen Bewegung“, so das Sie dann vollständig ausgeatmet haben.
Machen Sie ein paar Atemzüge bis Ihnen der Ablauf vertraut ist und legen dann bei der folgenden Einatmung die Hände auf die seitlichen Rippenbögen, dabei atmen Sie genauso wie unter 1. beschrieben, erst in den Bauch, dann in die Brust. Ihre Hände begleiten diesmal die Füllung der mittleren Lungenanteile und die Öffnung des seitlichen Atemraums.
Auch die Ausatmung erfolgt wieder nach der unter Punkt 1. beschriebenen Reihenfolge, erst die Brust und zum Schluss der Bauch. Ihre Hände erfühlen diesmal die mittlere Atembewegung, sowohl bei der Ein- als auch der Ausatmung.
Nach ein paar Atemzügen kommen Sie zur letzten Position Ihrer Hände.
3.Bei der folgenden Einatmung liegt eine Hand auf Ihrem oberen Brustbein, die andere ruht auf Ihren Knien, Daumen und Zeigefinger berühren sich leicht an den Fingerkuppen und bilden einen Kreis. Die anderen Finger sind entspannt gestreckt, die Handfläche zeigt nach unten.
Der Ablauf der Atmung erfolgte wieder in derselben Reihenfolge.
Einatmung
Erst in den Bauch              = Unterer Atem Raum
Dann unter die Rippen      = Mittlerer Atem Raum
Dann unter das Brustbein = Oberer Atem Raum
Ausatmung
Erst senkt sich das Brustbein       = leeren des oberen Atemraums
Dann senken sich die Rippen       = leeren des mittleren Atemraums
Dann geht der Bauch nach innen = Leeren des unteren Atemraums

Die Hand auf dem Brustbein begleitet diesmal das Füllen und Leeren des oberen Atemraums. Zunächst mag eine vollständige Atmung mit Ein- und Ausatmung noch abgehackt und unharmonisch erscheinen, mit etwas Übung wird daraus eine Atemwelle.
Mit dem achtsamen Beobachten vom Beginn des Aufkommens der Atemwelle bis zu seinem Vergehen, haben wir zusätzlich das Grundkonzept für eine, durch Atmung geführte Achtsamkeitsmeditation (Siehe auch Achtsamkeitsmeditation).
TIPP! Um das Atmen zu Üben haben sich auch hier APP`s bewährt, zum Beispiel „Vagus FIT“ oder „breathe Meditations- App“, mit deren Hilfe kann man unterschiedliche Atemfrequenzen kennen lernen, die langsameren 4-7 Atemzüge pro min (Stimulation des Vagus Nerv, steht für  mehr Ruhe und Stressabbau, YIN / Parasympathikus) oder, wie bei der Erfahrung mit der Kälte sinnvoll, die schnelleren Frequenzen ab 8 Atemzüge pro min.
!!! Beachten, bei der Atmung mit den schnelleren Frequenzen kann einem zunächst auch schwindelig werden oder man wird irgendwie nervös, das ist nicht gefährlich, aber eben nur, wenn man sitzt oder liegt und nicht unter der Dusche steht oder in der Eis-Bütt sitzt. Es gilt also den Atem und die persönliche Reaktion erstmal kennen zu lernen, wir beraten Sie gerne in der Sprechstunde im Besonderen, wenn Sie unter bestimmten Erkrankungen (u.a. des Herz-Kreislaufsystems oder Lungenerkrankungen) leiden.
Für die hier gemachten Empfehlungen kann ich außerhalb der Praxis keine medizinische Verantwortung übernehmen.
Unten habe ich eine Systematik graphisch dargestellt wie eine solche Kältedusche ablaufen könnte (es ist ein Anhalt um darüber dann eigene Erfahrungen zu sammeln), vom Prinzip gilt zuerst die Beine dann die Arme. Es ist sinnvoll die Kältedusche nach der üblichen Warm Wasser Dusche zu machen (auch die Seife oder das Shampoo lassen sich mit warmen Wasser viel besser abspülen). Man wird mit der Zeit jedoch feststellen, dass die Warmphase immer kürzer wird, immer Sommer oft sogar „freiwillig“ wegfällt, aber Schritt für Schritt.
Während eines Atemzyklus (die „Kälte-Atmung“ ist wie erwähnt etwas schneller / Sympathikus anregend, also ca. 2-4 Sekunden einatmen, ca. 2-4 Sekunden locker ausatmen, nur kurze Atempausen) umkreist man mit der Bewegung des Duschkopfes und dem kalten Wasserstrahl (wenn am Duschkopf vorhanden im stärkeren Massagemodus) das 1.Bein.
Es beginnt an der Beininnenseite von den Knöcheln aufwärts mit der Einatmung, über der Hüfte (später, nach etwas Übung unter dem Rippenbogen) führt man den Duschkopf das Bein, außen nach unten bis zum Knöchel, mit der Ausatmung. Nach der Regel der Meridianverläufe beginnt Yin /weiblich rechts, Yang/ männlich links. Je nach Gewöhnung kann man die Atemzyklen mit dem Umkreisen der Beine 2-3-5mal wiederholen.
Dann geht es zu den Armen, erneut Yin/ weiblich beginnt rechts, yang /männlich links verläuft die Kreisbewegung von den Fingern (Außenseiten= kleiner Finger) zum Nacken geht nach vorne oberhalb der Brust zur Achselhöhle und weiter nach unten die Innenseite der Arme entlang bis zum Daumen. Auch hier gilt es während eines Atemzyklus (s.o.) den Arm atmend und unter dem Wasserstrahl zu umkreisen.Die Aufwärtsbewegung mit dem Wasserstrahl wird auch hier mit dem Einatmen begonnen, die Abwärtsbewegung wiederum ist Teil der Ausatmung. Je nach Gewöhnung widerholt man die Prozedur analog zum Bein 2-3-5mal.
Danach führt man den Wasserstrahl über die, Traditionell als Energiezentren verstandenen Chakren im vorderen Rumpfbereich. Dazu wird der Wasserstrahl mit dem Einatmen in kleinen Kreisen, spiralförmig vom Unterbauch bis zur Stirn kreisförmig geführt (wenn Haare nass werden dürfen auch bis zum höchsten Punkt auf dem Kopf). Am Rücken ist man wohl kaum in der Lage (außer man macht es zu zweit) eine solche Aufwärtsspirale zu kreieren, folgendes ist aber gut möglich: Man atmet wie gewohnt ein und lässt den Wasserstrahl über den Nacken und die Schulterblätter nach unten fließen, und dann, am Becken angekommen, wird der Wasserstrahl ausatmend über der Wirbelsäule nach oben geführt (siehe Skizze).
Sollte Ihnen Ihr Therapeut so etwas gesagt haben wie „Sie haben Hitze in der Leber oder im Darm“ kann man hier noch „ne“ extra „Atem-Kaltstrahl Spiral –Runde“ drehen, und wie immer mit dem Atem als Bindeglied zwischen der Inneren Hitze und der äußeren Kälte (wird zwar nicht gleich Zischen aber mit der Zeit und der Übung ist das Wasser gefühlt gar nicht mehr kalt, es wird dann quasi von Innen erhitzt).
Wenn Sie das „Alles“ hinter sich haben (wie gesagt langsam anfangen) sollte Ihnen nicht fröstelig kalt sein, erfrischt ja, auch gut durchblutet und irgendwie hellwach.
Für diejenigen unter Ihnen die noch „Eins drauf“ setzen wollen ist jetzt ein Abschlagen der Beine und des Rückens mit dem gefalteten Handtuch (in Ermangelung von Birkenzweigen) überaus wertvoll als Reiztherapie (wärmt natürlich auch die Haut).
Ein Buddhistischer Ritus ermöglicht es den Übenden mit der Kunst des Atmens und Meditation nasse Kleidung, im Schnee sitzend, zu trocknen, aber dazu bedarf es schon einer Jahrzehnte langer Praxis. In einzelnen Ländern mit großer Kälte gibt es die Tradition auch die Kleinsten (Kindergarten) mit dem Kälteguss, draußen bei Minusgraden, gesund zu halten. Wobei dann weniger ein geführter Atem als ein lautes Schreien (wie ein Juchzen) den Kälteschock begleitet.
Seit nun 2 Jahren Atem-Kälte –Praxis, kann ich doch verblüffende Veränderungen in meinem Wohlbefinden und der Konzentration feststellen. So nehmen Schwellungen und die Müdigkeit und Schwere der Beine, nach einem langen Tag auf den Beinen (klassische Einschnürungen am Gummizug der Söckchen) ab, auch kleine Venenschwellungen (oder kleine Varizen/ Besenreiser) können sich auf einen Bruchteil der ursprünglichen Größe zusammenziehen.
Das Immun-und Hormonsystem, das Muskel-Faszien Gewebe und das Gefäß-und Lymphsystem (auch die Fettzellen „programmieren“ sich neu und können wieder Ihren eigentlichen Auftrag zur Energiegewinnung beitragen) reagieren überaus erfreut auf die Atem-Kälte Therapie was die Sache nicht weniger Spannend und Interessant macht.

Ohne Ironie wünsche ich Ihnen viel Freude und Erfolg.

Der Ablauf des atmenden Kälteerlebnisses-die Skizze:

  

 

Literatur:

1, Prof.Dr. Andreas Michalsen,

Heilen mit der Kraft der Natur, Insel Verlag 2017,

ISBN:978-3-458-17698-5

2, Die Kraft der Kälte, Wim Hof, Koen De Jong

Riva Verlag, 2018, ISBN 978-3-7423-0612-8

3, Satya Singh, Das Kundalini Yoga Handbuch,

Wilhelm Heyne Verlag 2001,ISBN 3-453-04398-